Das Naturtheater Grötzingen zeigt in dieser Saison Shakespeares »Romeo und Julia« unter freiem Himmel

In den Hauptrollen: Ronja Feldmaier als Julia und Johannes Scheufele als Romeo. Bild: Jürgen Spieß, Reutlinger General-Anzeiger
»(...) Jürgen Lingmann hat Shakespeares populäre Liebestragödie als ein opulentes Freilichttheater inszeniert. Es gibt Tanzszenen, furiose, geradezu artistisch anmutende Fechtkämpfe und gleich zu Beginn einen Massenauflauf, bei dem fast alle Darsteller gemeinsam einen Text brüllen. Das klingt gewaltig, dieses punktgenaue Sprechen im Chor, und gibt der Aufführung von Beginn an eine nachhaltige Wucht mit auf den Weg.«

AICHTAL-GRÖTZINGEN. Das berühmteste Liebespaar der Theaterliteratur spricht volksnah und zuweilen fast derb: Zumindest in Jürgen Lingmanns Inszenierung von »Romeo und Julia«, die am Samstag im Naturtheater Grötzingen Premiere feierte. Auf der Bühne standen rund 40 Amateurschauspieler, die nach zwei Stunden mit zum Teil stehenden Ovationen gefeiert wurden.

Sie sind jung, spontan, der Ungeduld ihrer Herzen folgend. Trotz unterschiedlicher Herkunft, sich unterscheidender Lebensstile und der Aussichtslosigkeit ihrer Beziehung finden die beiden Jugendlichen Romeo und Julia zusammen. Lieben sich, heiraten heimlich und lassen sich auch von ihren untereinander zerstrittenen Familien nicht auseinanderbringen. Es ist eine brennende Liebe auf den ersten Blick, die sich über alle Widrigkeiten hinwegsetzt und schließlich daran zugrunde geht. So traurig, so schön.

Furiose Fechtkämpfe
Der zum ersten Mal am Naturtheater Grötzingen Regie führende Jürgen Lingmann hat Shakespeares populäre Liebestragödie als ein opulentes Freilichttheater inszeniert. Es gibt Tanzszenen, furiose, geradezu artistisch anmutende Fechtkämpfe und gleich zu Beginn einen Massenauflauf, bei dem fast alle Darsteller gemeinsam einen Text brüllen. Das klingt gewaltig, dieses punktgenaue Sprechen im Chor, und gibt der Aufführung von Beginn an eine nachhaltige Wucht mit auf den Weg.

Neben den Themen Liebe und Freundschaft stehen in Lingmanns Inszenierung natürlich auch Aggressionen und das Unverständnis gegenüber Fremden im Mittelpunkt der Handlung. In dieser von latenter Gewalt geprägten Welt ist für die Liebe zweier empfindsamer Seelen wenig Platz. Dabei wagt der Regisseur mit seiner gut zweistündigen Fassung eine eher zeitgenössisch ausgerichtete Wiederbelebung des Shakespeare-Klassikers.

Romeo (Johannes Scheufele) und Julia (Ronja Feldmaier) treffen in der konfliktgeladenen Atmosphäre zwischen den neureichen Capulets und den übermütigen Montagues aufeinander. Geliebt, gestritten und gekämpft wird auf einer zweistöckigen Bühne (Kathrin Younes), die einem herrschaftlichen Gebäude mit vorgelagertem Marktplatz in Verona nachempfunden ist.

Angst vor dem Anderen
Jürgen Lingmann verzichtet weder auf spektakuläre Fechtszenen und Kostüme (Petra Hoksbergen) noch auf Dramatik und emotionale Musik (Magnus Reichel). Aber vor allem scheint es ihm um das Thema Aggressivität zu gehen, das er auf verschiedenen Ebenen und mit sämtlichen Sprachen, die das Theater jenseits der Worte bietet, durchspielt. Er lässt seine Darsteller echte Wutausbrüche zelebrieren, herzergreifend schmachten, Tränen vergießen. Besonders Romeo, sein Freund Mercutio (Joannis Skempes) und vor allem die Amme von Julia (Kerstin Schürmann) überzeugen durch ihr charismatisches Temperament und eine differenzierte Figurencharakterisierung. Daraus ergeben sich zum Teil schöne Szenen, etwa die, als Romeo die bezaubernde Julia auf einem Maskenball erblickt; und wie sich die beiden zur groovenden Popmusik von Justin Timberlake näherkommen.

Jürgen Lingmann hat mit »Romeo und Julia« nicht nur ein aufwendiges Freilufttheaterstück inszeniert, er arbeitet in seiner Inszenierung die Angst vor dem Anderen, dem Fremden sehr anschaulich heraus. Und er zeigt, dass Liebe keine Worte braucht und keine Grenzen kennt. (GEA)

Veranstaltungen

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