Temporeich und unbeschwert: Das Naturtheater Grötzingen hübscht „Robin Hood“ gehörig auf

Der König der Diebe 2.0 Bild: Nicole Mohn, Nürtinger Zeitung
»Viel zu schnell sind die rund zwei Stunden Theatervergnügen vorbei. Zu gerne würde man noch sitzen bleiben«

AICHTAL-GRÖTZINGEN. Lautstark meldet sich das Naturtheater Grötzingen zurück: Mit niemand Geringerem als dem König der Diebe feierte die Amateurbühne am Samstag ihre Rückkehr. So temporeich und unbeschwert das Stück ist – der Abend hat für Darsteller wie Publikum auch eine emotionale Seite. Ungewohnt fühlt es sich an, Theater live und mit Publikum erleben zu dürfen. Auch wenn Corona-bedingt etliche Sitze leer bleiben mussten zur Premiere am Samstag.

„Ich könnte euch alle umarmen“, spricht Altbürgermeister Klaus Herzog, Finanzvorstand beim Naturtheater, vielen aus dem Herzen an diesem besonderen Abend. Monatelang haben sich die Mitglieder der Grötzinger Amateurbühne nur online auf die Spielzeit vorbereiten können. „Währenddessen hatten wir hier zahlreiche Veranstaltungen“, schüttelt Herzog den Kopf. „Und wir durften nicht mal miteinander proben.“ Der Appell geht an die Politiker im Publikum, er entbehrt denn auch nicht an Dringlichkeit: „So etwas darf nicht mehr vorkommen, sonst ist die Kultur tot“, warnt Herzog unter Beifall des Publikums eindringlich.

Wie sehr die Spielschar den Moment feiert, wieder auf die Bühne zu gehen, davon bekommen die Zuschauer schon vor dem Beginn eine Kostprobe. „Nieder mit dem Adel“, brüllt es hinter den Kulissen. „Huaaaah!“ schallt es als Antwort zurück. Warm-up für die insgesamt 55 Darsteller und Komparsen, die bei „Robin Hood“ auf der Bühne stehen.

Die Vielzahl an Spielern sorgt für äußerst lebendige Szenerien auf der weiten Bühne. Scharen von Dorfbewohnern, die martialisch anmutende Amazonen-Wache des Sheriffs und die quirlige Räuberschar schaffen für die Geschichte um den König der Diebe einen stimmigen Rahmen.

Und sorgen immer wieder für ordentlich Action im weiten Kiesrund: Schwerter klirren, Stöcke wirbeln im Kampf zwischen Gut und Böse. Es ist laut, es ist wild – und es macht Laune zuzuschauen. Unter der Regie von Jürgen Lingmann, der schon für die Inszenierung „Romeo und Julia“ 2019 verantwortlich zeichnete, bekommt der Klassiker aus dem Sherwood Forest gehörig Tempo und Pfiff. Immer wieder baut Lingmann kleine Gags ein, die den altbekannten Stoff zu neuem Leben erwecken.

So spricht Bruder Tuck nicht etwa feinstes Hochdeutsch, sondern schwäbelt munter drauflos, wie ihm die Gosch gewachsen ist. Den mächtigen Little John lässt der Regisseur mit hoher Fistelstimme sprechen – jedes Mal ein garantierter Lacher für das begeisterte Publikum. Während in anderen Inszenierungen der machthungrige Sheriff meist mit einem Mann besetzt wird, übertrug Lingmann diesen Part an Kerstin Schürmann. Eine hervorragende Entscheidung, denn ihr macht die Rolle sichtlich Vergnügen. Über den Abend hinweg dreht sie immer mehr auf und verleiht ihrem Sheriff eine äußerst maliziöse Aura von Machtgier und Boshaftigkeit.

Ausgefallene Entwürfe für die Kostüme

Die Kostüme passen sich bestens dem modernen Remake an. Zwar darf der wackere Held (Joannis Skempes) wie gewohnt in Waidmannsgrün und Cape daherkommen, doch hat sich Kostümbildnerin Franziska Borchers besonders für den Part des Bösen zu ausgefalleneren Entwürfen inspirieren lassen. Die Amazonen-Wache joggt in Leggings in Lederoptik durch die Kulisse, die Schergen und Gisborne (Thilo Metzger) tragen ein Harness aus Leder und der herrlich einfältige Prinz John (Norbert Kytka) stelzt in einem pinkfarbenen Ballkleid mit Rüschen herum. Aufwändige Flechtfrisuren und ausgefallenes Make-up des Teams um Maskenbildnerin Verena Kleinknecht runden die Looks ab. Und auch die Musik von Magnus Reichel und das Bühnenbild von Reinhard Kopp fügen sich stimmig ein.

Viel zu schnell sind die rund zwei Stunden Theatervergnügen vorbei. Zu gerne würde man noch sitzen bleiben und gemeinsam mit dem Ensemble und all den hilfreichen Geistern des Theaters den Moment genießen, der sich nach einer so gelungenen Premiere wohlig entfaltet. Stattdessen holt Publikum wie Besetzung der Corona-Alltag wieder ein. Keine Premierenfeier mit den Ehrengästen, Familien und Freunden, kein Anstoßen auf die neue Spielzeit. Dabei hätte diese Premiere ebenso wie das Team des Naturtheaters nach den Monaten der Unsicherheit mehr als verdient.

„Robin Hood“ kämpft im Naturtheater Grötzingen noch bis zum 22. August für die Armen und Schwachen. Gespielt wird jeweils samstags ab 20.30 Uhr und sonntags ab 15 Uhr. Ab der kommenden Woche gelten die drei „G“ – geimpft, genesen oder getestet. Die Malteser bieten zu den Vorstellungen Testmöglichkeiten vor Ort an. Weitere Termine und Informationen unter naturtheater-groetzingen.de.

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