Das Naturtheater Grötzingen spielt „Der Mann mit der eisernen Maske“

Der Mann mit der eisernen Maske Bild: tba, Pressestelle Stadt Aichtal

Immer lauter werdender Trommelwirbel, stampfende Schritte, bedrohlich wirkende schwarze Gestalten ziehen schon in den ersten Minuten die volle Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Ein Gefangener mit verdecktem Gesicht wird von der Garde abgeführt. Ein alter Mann sammelt das Geld auf, dass ihm für den Verrat versprochen wurde. Es sind die ersten Szenen des Theaterstückes „Der Mann mit der eisernen Maske“ nach dem Roman von Alexandre Dumas, bei der Premiere des Naturtheaters Grötzingen am Samstagabend. In dieser Saison verwandelt sich der Galgenberg in das Frankreich des 17. Jahrhunderts, in eine Welt prunkvoller Feste und endloser Intrigen, das für das gemeine Volk nichts übrig hat. Es leidet unter der immer weiter steigenden Steuerlast. Es ist das Zeitalter von Ludwig XIV (Joannis Skempes), der am französischen Hofe herrscht und sich nicht einmal von der Königinmutter, Anna von Österreich (Renate Stritmatter), in seinem Handeln beeinflussen lässt. „Der Staat bin ich“, sein Credo nach dem er lebt, dem sich alle unterzuordnen haben. Obwohl er mit Maria Theresia, Prinzessin von Spanien (Franziska Greinert) verheiratet ist, ist Ludwig XIV immer wieder gerne für einen Flirt zu haben. Seine neue Dame des Herzens ist Louise la Vallière (Simone Daum), Hofdame und Verlobte von Raoul de Bragelonne (Jakob Fischer), der Sohn Athos, einer der vier Musketiere, die vor Jahren gemeinsam durch die Lande zogen und sich schworen: „Alle für einen – einer für alle“.
D’Artagnan ist zwischenzeitlich Hauptmann der königlichen Garde geworden, Aramis folgte dem christlichen Glauben als Bischof von Vannes und Porthos genießt den Ruhestand. Doch der Bischof hütet ein besonderes Geheimnis, das ihm die Oberin, überzeugend gespielt von Hilda Oppermann, vor ihrem Tod anvertraute. Mit diesem Geheimnis möchte er der Macht des Sonnenkönigs Einhalt gebieten.
Mit dem Stück „Der Mann mit der eisernen Maske“, setzt das Naturtheater Grötzingen den historischen Roman von Dumas um, der nebenbei auf fiktive Handlungen aufbaut und der These folgt, dass Ludwig XIV einen geheim gehaltenen Zwillingsbruder hat. Die niederländische Regisseure Rob Doornbos, der bereits für das „Junge Ensemble Stuttgart“ und der „Württembergischen Landesbühne Esslingen“ inszenierte, hat das Stück zusammen mit Cornelia Greinert für Grötzingen hervorragend umgesetzt und viele kleine lokale Pointen eingebaut. So üben drei Geier nicht nur das Fliegen und bestreiten das „Vorprogramm“, ganz nebenbei spielen sie dabei auch den „Werbeblock“ und machen Reklame für das Kinderstück „Das Dschungelbuch“.
Die Kulisse lässt den Prunk der damaligen Zeit erahnen. Gestaltet haben es Kai Feldmaier und Andreas Rilli zusammen mit vielen weiteren Helfern. Eine große gelbe Sonne strahlt über das Theater und verdeutlicht die Machtstellung Ludwig XIV. Prunkvolle, schillernde barocke Kostüme unterstreichen den Reichtum am Hof. Entworfen wurden sie von Heike Pautkin und genäht von Helga Puth und ihren vielen Helferinnen.
Schauspielerisch verkörpert Joannis Skempes Ludwig XIV hervorragend. Genial, wie er die schnöde Arroganz des Sonnenkönigs wiedergibt, gekonnt über allem steht und ganz unbeeindruckt von ihren Gefühlen, die Liebe von Louise einfordert. Ihr nachts die Aufwartung macht. Auch Simone Daum überzeugt in der Rolle der verzweifelnden Louise, die der Liebe des Königs entkommen möchte, weil ihr Herz für Raoul schlägt, der sich, als er von der Liason erfährt, freiwillig in den Krieg für den König zieht. Raoul, verkörpert von Jakob Fischer brilliert in den Kampfszenen, genauso wie die Garde des Königs. Die Fechtszenen wurden von Jürgen Lingmann einstudiert, der bereits bei den Freilichtspielen Schwäbisch-Hall choreografierte. Franziska Greinert als Maria Theresia spielt die gekonnte Intrigantin, zusammen mit ihrem Geliebten Alfonso de Garacia (Andreas Rilli) plant sie den Mord Ludwig XIV und feilt an der Durchführung. Andreas Rilli gibt den feurigen Spanier, der leichtfüßig durchs Leben tanzt und seine Maria mit Spanisch um den Finger wickelt. Mit seinem spanischen Redeschwall bringt er das Publikum zum Lachen.
Aramis alias Kalle Kirchner zeigt sich in seiner Rolle als wandlungsfähig. Als Bischof ist er einfühlsam, milde und diplomatisch. Doch ebenso kämpferisch als es darum geht, wieder in die Rolle des Musketiers zu schlüpfen, um Phillip, den Mann mit der eisernen Maske, den Zwillingsbruder des Königs, aus der Bastille zu befreien. Kein leichtes Unterfangen, denn Jana Antesz, als Baisemeaux, Chefin der Bastille kämpft wie eine Löwin um ihre Gefangenen und lässt, wenn es sein muss, auch mal die Peitsche knallen. Ihr Outfit erinnert dabei an eine Domina.
Kämpferisch geben sich auch die Musketiere. So wie in ihren besten Zeiten. Schauspielerisch glänzend von Vivek Sehra (D’Artagnan), Michael Mainzer (Porthos), Matthias Probst (Athos) und Kalle Kirchner (Aramis) umgesetzt.
Ebenso wie alle anderen Schauspieler, die nicht nur das Volk, sondern auch die Kinder, Oberin, Nonne und alle anderen Rollen verkörperten.
Ein Stück, das vom ersten Moment Spannung erzeugt und das Publikum in seinen Bann zieht, um es mehr und mehr eintauchen zu lassen in die schillernde Zeit des Sonnenkönigs und der Intrigen, bis am Ende doch das Gute siegt. Eine gelungene Premiere mit herausragenden schauspielerischen Leistungen vor schillernder Kulisse, die das Publikum einen wunderschönen Abend erleben lässt. Mit nostalgischen Erinnerungen an die Kindheit, in der die vier Musketiere ihre Abenteuer erlebten.

Veranstaltungen

Der Mann mit der eisernen Maske

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