Das Grötzinger Naturtheater startete mit der klassischen Komödie „Der tolle Tag“ in die neue Spielzeit.

Adel schützt vor Torheit nicht Bild: Katja Eisenhardt, Nürtinger Zeitung
»Bei bestem Premierenwetter überzeugte das Ensemble wie gewohnt mit seinem Spiel, beeindruckenden Roben – hier besonders jenen der Damen – und einer gelungenen Stückauswahl, die einen launigen und kurzweiligen Abend versprach und dieses Versprechen auch einhielt.«

Bei bestem Premierenwetter überzeugte das Ensemble wie gewohnt mit seinem Spiel, beeindruckenden Roben – hier besonders jenen der Damen – und einer gelungenen Stückauswahl, die einen launigen und kurzweiligen Abend versprach und dieses Versprechen auch einhielt.

AICHTAL-GRÖTZINGEN. Man nehme ein komplexes Geflecht aus Intrigen, mische sie mit einer gehörigen Portion Ironie und Wortwitz, und schon erlebt man einen kurzweiligen Theaterabend auf dem Galgenberg. Das Naturtheater setzt in der aktuellen Spielzeit mit Beaumarchais’ „Der tolle Tag – oder die Hochzeit des Figaro“ auf eine klassische Komödie. Eine gute Wahl.

In der vergangenen Spielzeit hatte das Naturtheater-Team mit der Kriminalkomödie „Ladykillers“ Neuland betreten. Innerhalb der 60-jährigen Theatergeschichte wurde dieses Genre erstmals auf der Bühne umgesetzt. Das Experiment glückte, der schwarze britische Humor des Stücks kam beim Publikum sehr gut an. 2015 greift Regisseurin Barbara Koch wieder zu einem klassischen Stoff. Das Stück, das im Jahr 1778 erschien und 1784 in Paris nach mehrjährigem Verbot uraufgeführt wurde, stammt aus der Feder von Pierre Augustine Caron de Beaumarchais und ist nach dem „Barbier von Sevilla“ (1775) dessen zweite Figaro-Komödie. Wolfgang Amadeus Mozart diente die Geschichte voller Irrungen und Wirrungen am Hofe des Grafen Almaviva nahe Sevilla schließlich als Grundlage für seine Oper „Die Hochzeit des Figaro“ (1786). Diese musikalische Umsetzung fand auch bei der Inszenierung auf dem Galgenberg ihren Platz – sowohl mit der Ouvertüre als auch zwischen den fünf Akten der Komödie.

Zu Beginn erlebt das Publikum eine Diskussion des Bald-Ehepaares Figaro (Thilo Metzger) und seiner Braut Susanna (Franziska Greinert). Figaro, der Kammerdiener des Grafen (Kai Feldmaier), misst bereits den Raum aus, den er nach der Hochzeit mit seiner Angetrauten, der Zofe der Gräfin (Melanie Walz) ist, bewohnen will. Während der junge Mann sichtlich begeistert ist, kann seine Zukünftige der Lage des Zimmers – direkt zwischen jenen der beiden Herrschaften – so gar nichts abgewinnen. Sie ist sich sicher, dass der Graf dies Zimmer bewusst wählte, um auf kürzestem Wege seinem „Herrenrecht“ nachkommen zu können, dem „ius primae noctis“ (dem Recht auf die erste Nacht).

Bis zu den Zeiten des Absolutismus war es üblich, dass dem Herrschenden das Vorrecht der Hochzeitsnacht zuteilwurde – besonders, wenn es dabei um die ihm untergebenen der Dienerschaft ging. Graf Almaviva hatte dies Recht an seinem Hofe nach der Hochzeit mit Gräfin Rosina zwar abgeschafft, erwägt aber, es aufgrund der adretten Erscheinung der Kammerzofe Susanna wieder aufleben zu lassen.

Dann gilt es für den Zuschauer genau aufzupassen, um bei den daraus resultierenden Intrigen und Verstrickungen nicht den Überblick zu verlieren: Haushälterin Marzelline von Rallentritt (Renate Strittmatter) pocht vehement und mit Unterstützung des Arztes Bartholo (Roland Theurer) auf ihr Recht, selbst Zukünftige des Figaro zu werden, das habe der ihr schließlich versprochen, um eine Geldschuld abzulösen; der Page des Grafen, Cherubin (Vivek Sehra), ist hoffnungslos in seine Herrin verschossen, was dem Grafen wiederum so gar nicht schmeckt. Und Figaro will selbstredend seinem Herren einen Strich durch die Rechnung machen, als dieser schamlos um seine Braut Susanna wirbt.

So wird mit allerhand Tricks und Verwirrspielen gearbeitet, um den jeweils Angebeteten für sich zu gewinnen und die potenziellen Konkurrenten unschädlich zu machen. Als besonders kreativ und gewitzt stellen sich hierbei Figaro und Susanna heraus, die sich entgegen der Ständeordnung als deutlich schlagfertiger und intelligenter erweisen als die Vertreter des Adels – einer der Gründe, weshalb das Stück zunächst für die großen Theaterbühnen verboten wurde.

Am Ende siegt dann doch die Gerechtigkeit, jeder findet den ihm bestimmten Platz. Die Herren der Schöpfung müssen sich hier besonders den Frauen als eindeutig clevereren Strategen geschlagen geben – allen voran Zofe Susanna.

Bei bestem Premierenwetter überzeugte das Ensemble wie gewohnt mit seinem Spiel, beeindruckenden Roben – hier besonders jenen der Damen – und einer gelungenen Stückauswahl, die einen launigen und kurzweiligen Abend versprach und dieses Versprechen auch einhielt. Zufrieden zeigte sich am Ende der bravourös gemeisterten Premiere auch Regisseurin Barbara Koch: „Es wird mit der Zeit immer schwieriger, geeignete Stücke zu finden, aber ich denke, das ist uns in diesem Fall gut gelungen. Besonders gefreut habe ich mich über die Leistung unseres Figaro und der Susanna, denn Thilo Metzger und Franziska Greinert haben zum ersten Mal eine solch große Rolle übernommen.“

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